Zum
Nachdenken für Herrenreiter
Nichts,
wenn man es überlegt, kann dazu verlocken, in einem Wettrennen
der erste sein zu wollen.
Der Ruhm, als der beste Reiter eines Landes anerkannt zu werden, freut
beim Losgehn des Orchesters zu stark, als daß sich am Morgen
danach die Reue verhindern ließe.
Der Neid der Gegner, listiger, ziemlich einflußreicher Leute,
muß uns in dem engen Spalier schmerzen, das wir nun durchreiten
nach jener Ebene, die bald vor uns leer war bis auf einige überrundete
Reiter, die klein gegen den Rand des Horizonts anritten.
Viele unserer Freunde eilen den Gewinn zu beheben und nur über
die Schultern weg schreien sie von den entlegenen Schaltern ihr Hurra
zu uns; die besten Freunde aber haben gar nicht auf unser Pferd gesetzt,
da sie fürchteten, käme es zum Verluste, müßten
sie uns böse sein, nun aber, da unser Pferd das erste war und
sie nichts gewonnen haben, drehn sie sich um, wenn wir vorüberkommen
und schauen lieber die Tribünen entlang.
Die Konkurrenten rückwärts, fest im Sattel, suchen das Unglück
zu überblicken, das sie getroffen hat, und das Unrecht, das ihnen
irgendwie zugefügt wird; sie nehmen ein frisches Aussehen an,
als müsse ein neues Rennen anfangen und ein ernsthaftes nach
diesem Kinderspiel.
Vielen Damen scheint der Sieger lächerlich, weil er sich aufbläht
und doch nicht weiß, was anzufangen mit dem ewigen Händeschütteln,
Salutieren, Sich-Niederbeugen und In-die-Ferne-Grüßen,
während die Besiegten den Mund geschlossen haben und die Hälse
ihrer meist wiehernden Pferde leichthin klopfen.
Endlich fängt es gar aus dem trüb gewordenen Himmel zu regnen
an.
[
FRANZ
KAFKA ]