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I E V E R L O R E N E U N S C H U L D
im zimmer ist es abnorm warm. außerdem liegt er unter einem immensen
federbett. er ist noch wach - die zeit hat geduld. als sie kommt, knipst
sie eine wandlampe an, schaltet die andere aus. alles wird in ein viel
wärmeres licht getaucht. ein um ihre taille geschlungenes tuch hält
ihr nachtgewand notdürftig zusammen; allerdings nur unterhalb der
taille. als sie bemerkt, daß er wie hypnotisiert auf ihre vollen
brüste starrt ( das nachtgewand klafft oben weit auseinander ), da
löst sie stillschweigend das tuch. das gewand öffnet sich ganz
und verbirgt nichts mehr. sie lächelt. er aber sieht ihre nacktheit
fassungslos an. "hast du etwa noch nie eine frau gesehen, eine nackte
frau gesehen?" "nein", sagt er. "na, jetzt hast du.
bist du beruhigt? ist es in ordnung?" was hätte er noch sagen
können? er ist total sprachlos.
sie setzt sich zu ihm. "aber du hast doch 'ne mutter?!" "das
ist doch was anderes", entgegnet er. sie: "wieso?" "vielleicht
schämt mutter sich ja, wegen dem bein?" "du meinst, weil
sie schon als kind ein bein verloren hat?" "ja", antwortet
er. "auch im bett hat sie immer was an." "hast du etwa
deine mutter noch niemals nackt gesehen?" "nein!" "aber
ihr wohnt und lebt doch zu dritt mit deiner älteren schwester zusammen
in einem kleinen zimmer!?" "ja, aber mutter ist immer schon
auf, wenn ich wach werde."
statt weitere fragen zu stellen, nimmt sie einen zipfel des federbetts
in die hand, steigt über ihn hinweg, legt sich direkt neben ihn.
ihr nachtgewand hat sie nicht wieder zu schließen versucht. wären
da nicht diese kurzen ärmel, die von vorn nur ihre schultern bedecken
und das gewand halten, sie hätte es womöglich mit dem tuch spontan
zu boden fallen lassen. nun aber fühlt er sich doch vom außergewöhnlichen
zeitpunkt der anwesenheit schon so sehr verwöhnt, er hat sie erleben
und sogar nackt ansehen dürfen, was will er noch mehr? vielleicht
befürchtet er ja nur, sie werde sich spätestens im bett doch
wieder ganz verhüllen?
sein herz klopft stärker als sonst, als er sie ganz nah und fast
vollkommen nackt neben sich weiß. er hätte sie so gerne unentwegt
angesehen. dabei liegt sie doch ganz nah. doch er traut sich nicht, sie
weiterhin anzustarren. "hoffentlich läßt sie das licht
an", wünscht er unentwegt. als sie über ihn gestiegen ist,
da hat er blitzschnell die augen zugekniffen. aus angst vor dem mysterium
des weibes? wenn sie ihn dabei erwischt hätte, was wäre dann
geschehen? und in ihm taumeln die gefühle. er ist sehr aufgeregt.
alles ist neu für ihn. einfach alles. nun liegt sie still, ganz nah
bei ihm, sagt nichts und tut nichts. was geht vor in ihr? vielleicht tut
es ihr ja schon leid, daß sie sich ihm - ganz spontan - nackt gezeigt
hat? nun hat er wieder diesen klaren gedanken: "läßt sie
das licht der wandlampe die ganze nacht an? würde er sie, wenn er
noch oder wieder wach wäre, einmal in aller ruhe ansehen können?
wenn sie schläft! wann wüßte er, daß sie schläft?"
als könnte sie seine gedanken lesen, setzt sie sich auf, schlägt
das federbett weit nach vorn, sitzt in der hocke, scheint kurz unschlüssig.
dann hüpft sie auf und ab, breitet ihre arme weit aus, schlägt
mit den handflächen einen großen knick in die mitte des federbettes
und biegt es um. diesen berg von federbett legt sie auf seine beine. er
sieht kurz in ihre augen, doch sein blick wird magisch von ihren brüsten
angezogen. sich über den rand des bettes hinausbewegend, schaukelt
sie rhythmisch hin und her, wobei ihn jedesmal die wippenden vollen brüste
streifen. erst als sie das dicke weiche federbett aus dieser bewegung
heraus mit großem schwung durch's zimmer wirft, erst da sieht er
den sinn dieser höchst seltsamen turnübung: das federbett ist
tatsächlich genau in der offenen kommode gelandet, die an der wand
neben der türe steht. hatte sie das geübt? als sie aus dieser
bewegung heraus sich wieder ganz auf das bett zurückschwingen will,
hat sie nicht mehr genug schwung und landet mit ihren prächtigen
brüsten auf seiner dünnen haut. sie lacht, bleibt eine weile
still liegen, schlingt einfach ihre arme um ihn. er wünscht sehnlichst,
sie möge doch für immer so bleiben. sein kleiner pimmel erwacht
und regt sich, windet sich aus krummer lage, schwillt an und wächst,
versteift sich immer mehr, ragt steil empor wie nie zuvor.
sie liegt unverändert, fängt langsam an ihn zu streicheln. zuerst
nur seine haare, sein gesicht. sie krault und kitzelt ihn. als sie seine
magere gestalt hinabfährt und seinen bauch erreicht, streift ihr
ellbogen zufällig seine erektion. von ihrer flüchtigen berührung
wie elektrisiert, flattert jäh sein ganzer körper. nun weiß
sie allerdings, was los ist.
er seufzt tief, als sie - eine ihm unendlich lang erscheinende zeitspanne
- innehält, aufgehört hat, ihn zu streicheln. endlich hebt sie
den kopf und geheimnisvoll lächelnd sieht sie ihn an. er ist total
verlegen, er errötet. er schämt sich.
zwar hat er schon oft eine erektion gehabt, aber doch noch niemals in
gegenwart einer frau. und niemals zuvor hat er eine erektion so erregend
empfunden. liegt es an ihrer nähe, der sinnlichkeit, dieses nacktseins?
hat sie nicht bedacht, daß ihn das so stark erregen könnte?
ist es ihre zärtlichkeit, die ihn aufwühlt? sie jedoch lächelt
- verständnisvoll? was hatte dieses lächeln zu bedeuten? war
sie belustigt? jedenfalls verfliegt mit ihrem heiteren lächeln seine
scheu und jegliche traurigkeit. ganz ohne worte gelingt es ihr, daß
er sich öffnet, sich fallen läßt, sich ganz dem augenblick
verschreibt - ja sich ihr hingibt.
nun, er konnte sich nicht mal mehr unter der decke verstecken. seine unterhose
hatte er in seiner aufregung vergessen wieder anzuziehen, nachdem er vom
waschraum kam und ganz schnell die treppe hochrannte, um möglichst
schnell im warmen bett zu liegen. sie hatte ihm bereits am nachmittag
gezeigt, wo er schlafen könne, auch, daß sie mit ihm im gleichen
bett liegen werde. darauf hatte er sich seit einer kleinen ewigkeit gefreut.
im warmen federbett zu liegen, mit ihr! das war in der tat einmalig. sie
erhob sich, stand auf. und er war total enttäuscht. weil er annahm,
sie werde ihn nun verlassen, jetzt doch in einem anderen zimmer schlafen.
oder zumindest das verhüllgewand wieder mit diesem tuch vollständig
zubinden.
wie groß ist seine freude, als er sieht, daß sie es auszog.
sie legt sich unbefangen wieder hin, nun vollkommen nackt und ohne den
schutz des federbettes.
niemals zuvor hat er einen menschen so erlebt - so hautnah! ganz ohne
distanz. ihre unbefangene art, sich vor ihm nicht zu schämen; nicht
so zu tun als ob. war er nicht in ihren augen fast noch ein kind? hat
sie sich vor ihm ausgezogen, weil sie ja wußte, daß er weibliches
nacktsein noch nie gesehen hatte? aus mitleid? und wenn er ein paar jahre
älter gewesen wäre? dann hätte sie wohl kaum so nackt mit
ihm im bett gelegen. sie, die ihm gar keine scham abverlangte, eher alles
tat, damit der einmalige besuch sich ihm unvergeßlich einprägen
werde.
sie macht ihm wahrscheinlich ein geschenk, indem sie sich so unbefangen
nackt zeigt. sie weiß, sieht, daß er noch sehr unschuldig
und schüchtern ist, doch umso liebeshungriger empfindet. sie ist
erfahren genug, im ungleichen spiel, ihm ein allererstes mal sehr lustvolle,
ja sexuelle höhepunkte zu ermöglichen. nachdem alle ihre hüllen,
seine hemmung und schüchternheit gefallen sind, sieht und erlebt
er ihre wunderbare körperlandschaft. sie liegt nicht nur in einer
schön anzusehenden haltung, sondern in einer nichts mehr verbergenden,
offen wie ein bilderbuch. da sie inzwischen ruhig atmet, nimmt er an,
daß sie eingeschlafen ist.
ihre beine sind weit gespreizt. der anblick von soviel weiblicher erotik
überfordert ihn und seine starke erregung bleibt nicht ohne folgen.
noch hat er nicht bemerkt, daß sie längst wieder wach ist und
ihn schon eine weile sehr interessiert anschaut, wohl höchst erstaunt
über seinen immer noch zunehmenden sexuellen erregungszustand. sie
beugt sich nach vorne, nimmt seine hände, zieht ihn mit leichtem
nachdruck ganz nah an sich. sie fördert seine ersten elementaren
lusterfahrungen, indem sie sich nicht etwa zur seite dreht, sondern ihn
besonders zärtlich an sich drückt. plötzlich dreht sie
sich mit ihm und er liegt nun auf dem rücken. tief über ihn
gebeugt, kreiseln ihre warmen brüste über seine haut, schweben
streichelnd über sein gesicht, landen schließlich auf seinem
offenen mund. niemals zuvor ist er sich seines mundes und der zunge bewußter
gewesen. sie weiß ihn wundervoll zu ermutigen, schenkt ihm die gunst
einer erfahrung, die allerstärkste gefühle in ihm weckt. liebe,
lust, leidenschaft.
außerordentlich einfach holt sie ihn in ihre wirklichkeit. doch
was ist wirklich? eigentlich ist ja kaum etwas flüchtiger als das
gefühl. und doch kann es das allerschönste auf erden sein. sobald
sie seinen bauch erreicht, formen sich ihre hände zum schattenspiel.
seine erektion wiederholt streifend - ja da hat er jedes mal gezittert
wie espenlaub.
schließlich beugt sie sich über ihn, hüllt ihn mühelos
ein. tanzend über den vibrierenden leib, kullern ihre prächtigen
brüste über ihn. die wohltemperierte art, sich einer pyramidalen
stufung zu nähern. wie in milch und honig getaucht ihre haut, ist
sie so lieb, ihn einzuweihen. so gelingt es ihr mühelos, ihn für
jahre zu laben. mit großherzigster zügigkeit entrückt
sie ihn der welt. er hat, wenn auch hier noch nicht ganz, seine unschuld
dabei verloren.
auch
dieser text ist autobiografisch, wobei
hier die freiheit der sprache dieses
erlebnis überhöht, übertreibt und
idealisiert - bewusst
verschiedene entwicklubgsstufen sexueller
erfahrungen miteinander verknüpft.
im kern ein sehr frühes erlebnis,
dessen phänomenale wirkung darin lag,
zum ersten mal nähe, wärme und liebevolle
zärtlichkeit zu erfahren, wie nie
zuvor. sexuelle sensationen blieben
nicht aus.
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IMMER DIE SINNE ENTLANG
ÄSTHETIK DES SCHEITERNS
- ( buch 3, fadenkreuz 90 seiten #15-22,
gekürzt ) © dietmar wegewitz
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