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M M E R D I E S I N N E E N T L A
N G
es ist erstaunlich einfach gewesen, sie zu überzeugen,
ihn mit zu ihr zu nehmen; ins örtliche gehäuse, vielleicht noch
näher. draußen empfängt sie die kalte nacht. ist ihm schon
danach, vertraut zu sein? noch ist die berührung ihrer haut vielleicht
fremd? diese nachtluft; schön kalt! schwindelig wird ihm, im taumel
gedankenfreier momente. heiter ist er, in der dunkelheit nachtblind; die
brille tut ihren dienst nur solange es hell ist. er torkelt ein wenig,
nicht vom getränk, nein, vom geschenk urplötzlicher leichtigkeit,
die jegliche schwere auflöst. es ist schön, einen weg zu gehen.
schöner, den weg nicht allein zu gehen. ohne oder mit ziel. trunken
vor gelassenheit, vom gedankenlos sein. eine ahnung der sterne, die er
nicht sehen wird, sollte er den kopf in den nacken legen wollen und in
den wirklichen himmel sehen; der ist vielleicht verhangen. er fühlt
sterne in sich, den mond vor allem, der ein vollmondweib sein muß.
die kurz-bevor-vollmöndin weckt alle lebensgeister, weckt alle sinne
- und den instinkt. er spürt sich endlich wieder ganz. er atmet,
riecht und hört; wenn er auch nichts andres sieht als das licht im
kopfe. die nahende aussicht, daß es bei der frau, die neben ihm
geht, schön warm sein wird. wenn sie in der behausung ankommen, gelöst.
wie er sie einfach neben sich fühlt! nicht wissen wollen, was ihn
bei ihr erwarte. solange sie gehen, denkt er nicht. wie lange der weg
zu ihr auch dauern wird. schöner moment. es hat keinerlei eile. gern
geht er mit ihr, folgt ihr, wie ein einsamer wolf, den der hunger treibt,
der aber scheu abstand hält, der vielleicht wie er nur aus lauflust
sich einem menschen zugesellt; wie er in diesem fall der frau. nicht ganz
so. er weiß, sie weiß, wohin sie unterwegs sind. zu ihr. kaum
ist es ihm im kopf, da ist er gerade mal kurz gestolpert. auch daran sind
die sinne beteiligt. er hat den pfad nun verloren, wie der blinde, der
einen weg nur ahnt. immer die sinne entlang. da, ein erstes licht! er
hat doch einen arm um sie gelegt. und zwar sofort. merkt es erst, als
sie ankommen, sich lösen. das vertrauen findet sich in der selbstverständlichkeit
der unbedachten gesten. sie sind an einem feld vorbei. haben einen leichten
bogen beschrieben und sind halbwegs geradeaus weitergegangen. es ist nicht
weit zu ihr. schon sind sie eingetreten, sind da.
da sie da sind, wird ihm das schweigen bewußt. sie haben ja soeben
erst ihre behausung betreten. sitzen in einer küche. und in der küche
ist ihm plötzlich gar nicht warm zumute. diese küche ist ihm
furchtbar fremd. er hat sich die küche ja nicht vorgestellt. so hätte
er sie nie gesehen. was ist nun so sonderbar an dieser küche? die
küche ist kalt, kalt wie ein metzgerladen, wie ein labor. wie die
küche einer frau, bei der man auf dem kellerboden kein staubkorn
zu beklagen hätte. das auge findet nichts, woran es sich räkele,
wo es halt fände.
die innere freude ist futsch. die lust ist im eimer, um es besonders profan
auszudrücken. sie aber steht da, ist etwas erstaunt vielleicht. wie
er vergeblich guckt, daß sein auge etwas fände, wo ihm ein
lächeln gelingt, ein staunen, eine überwindung vielleicht. die
überwindung einer entfernung, zwischen ihr und ihm. freiraum, solange
sie gegangen sind. ihm kommt der gedanke: gehen sei wichtiger, als anzukommen.
nun ist es gar so, daß sie bemerkt, wie sehr ihn die küche
auf den boden der tatsachen stelle? sein heiterer sinn ist verflogen.
und auch die sinne schweigen. kein wort scheint möglich. was seine
verstörung vertreibt? eine tasse kaffee vielleicht? ein großer
cognacschwenker? ein glühwürmchen am fenster. das aber hieße,
das kalte licht zu löschen. sich hinzugeben der sinnenfreude. worte,
welche? keines, das sie näher brächte. keines, das ihn ihr öffnete.
wie schön sei es, manchmal zu plappern. reden in den wind. wenn die
worte sich aus der seele lösen. wenn es hell wird, nach einer somnambul
durchschriebenen nacht, silbenweisern vorwärtskommen. getrieben nur
von einem blassen schimmern.
ob männlich, ob weiblich, selbstverständlich schweigsam sich
nur mal hineinversetzen, ins erschreckende wachen - in welchem der nächtliche
besucher in dieser küche immer noch stockt. ein kleines bißchen
verstört. die frau, die er so sinnlich findet, immer noch, sie ist
in der küche so fremd. weshalb? will sie in ihrer küche nur
die wärme seiner worte prüfen?
endlich ist es soweit: sie haben zu reden begonnen. ist es nun besser?
spüren sie sich wieder etwas mehr? nun könnte es gelingen, daß
er sich öffne, daß sie sich erfahren läßt. sie hat
möglicherweise skrupel, wie er? ein völlig falsches wort, in
dieser nacht. auch sieht sie nicht aus, daß etwas sie ängstigen
kann. hat sie bedenken? hat er gedacht? beide vergäßen gern,
sobald sie bloß nah genug beieinander lägen. beide sind lange
genug mit sich allein. sie weise ihn nicht ab, da er sie berühren
möchte. sie wäre nicht erschrocken, wenn sie seine hitze spüre,
die, es muß gesagt werden, ganz von innen kommt, von einer langanhaltenden
sehnsucht - nach der berührung einer zärtlichen haut. das kleine
bißchen liebe, zur unzeit. wo alles in eile ist. wissen, wo es sich
lohne, eine angel auszuwerfen, einen kauf zu tätigen, ein wort zu
sagen, das alle kennen; doch das kaum jemand auszusprechen wagt. ein ziel
zu haben. keine zeit zu vergeuden, mit einem gefühl...
sie hat ihm das bad gezeigt. vorher das schlafzimmer. davor das wohnzimmer.
und ein zimmer, das war sogar unordentlich. sind aufgetaut. die frau.
der mann. nur kuscheln möchte er mit ihr; gleich. will sie das überhaupt?
er möchte sich an sie schmiegen. wenn sie seitlich liegt, vor dem
einschlafen ihm den rücken zuwendet. weil sie wahrscheinlich so liegt,
wenn sie ihre einschlaflage einnimmt. und manchmal, gleich, eine unschlüssige
zwischenlage. aus unsicherheit, was nun weiterhin geschehen mag. sobald
sie nebeneinander lägen und sie nicht weiß, auf welche art
er sich ihr nähere, er nicht wüßte, ob sie nun wirklich
unbehelligt einschlafen möchte. oder ob das wieder nur so eine schutzhaltung
ist? könnte ja sein, daß sie sich nicht schön genug vorkäme?
schließlich sind sie sich beinahe vollkommen fremd. zwei geschlechter.
mit zwei unterschiedlichen seelen. zwei gegensätze. nur in den worten
ziehen sie sich an. in den geschriebenen worten? nein, in wirklichkeit.
so ist es nicht nur die laune eines schreiberlings. sie ziehen sich soeben
aus. um zur ruhe zu kommen? sie hat sich einfach rasch ins bett gelegt.
da ist ihr blick, ihre augen und ein großes lächeln. von flüchtigen
ahnungen ist die haut bewegt. er putzt sich die zähne. er küßt
so gern. er wäscht sich die füße. und was sonst noch zu
waschen ist.
er will sich wohlriechend an sie schmiegen. endlich einmal wieder nur
nackte anwesenheit spüren. haut an haut liegend. keine lügenromantik
- und nicht einmal ein kondom in petto. doch sie macht nicht den eindruck,
als habe sie serienweise männer vernascht. na, mann kann sich da
gründlich täuschen.
er will körper an körper liegen, jede windung ihres körpers
nachempfinden, sich der wölbung einer winzigkeit, der lust auf ihr
innenleben bewußt sein. die erregung stundenlang in ihrer nähe
spüren. nicht mehr! aber bitte nicht weniger als das! nicht etwa
den viertel meter fort von ihr sich quälen in der pein, nicht mal
ein kleines stück von ihrer haut zu tasten. die ganze lange nacht.
die vollmöndin müht sich, in einem fortzuwirken. wirkung ja,
aber ohne ursache? plumpe geilheit, ohne sinn, ohne die nähe - haut
an haut? sieben tage und nächte lang kann er jederzeit ein bißchen
wollen. wenn es nur das wäre. nein, es ist mehr. es ist weniger als
liebe. doch immerhin ein berauschendes gefühl, sich ganz zu geben.
ohne angst, verletzt zu sein. wenn man sich wehrt, zu fallen: in eine
grube, in ein gefühl, in eine sehnsucht nach mehr. das rauschen eines
nautilus am ohr. die schärpe eines kalifen, um ihre hüfte geschwungen.
die nasenflügel einer schönen frau, die beben, vor lust oder
empörung. was manchmal schwer zu unterscheiden ist? sätze etwa,
denen man kein komma zufügt oder ein falsches. woran wird er sich
erinnern? und sie? hat sie mit der schulter gezuckt?
befinden sie sich im begriffe, einander zu berühren? geht es ihm
gut? was ist mit ihr? sie liegt und liegt und läßt ihn sich
erregen? spürt sie ihn überhaupt? schläft sie am ende schon
längst? die zeit vergeht. kaum hört er ihren atem. sie ist so
wunderbar warm. so weich und doch so fern. so liegt er stundenlang. eng
an sie gedellt. wann kommt dieser moment, wo sie ihn von sich stößt
und sich ärgert, daß er so scharf ist auf sie? auf ihren körper
zumindest. kann ja sein, daß sie sich wirklich nicht schön
findet. jedoch liegt sie nackt. vom haar bis zu den zehen. sie riecht
so gut und wunderbar nach weiblichkeit. sie hat so gar nichts an sich,
das zum äußeren der küche im verhältnis stünde.
auch wie sie spricht, ihre art zu schweigen, gut. nun aber schläft
sie.
endlich dreht sie sich zu ihm; erstaunt und lieb zugleich. sie ahnt, wie
er sich fühlt? sie öffnet sich? sie macht den augenaufschlag
der soeben erwachenden frau mit jenem leisen fernblick. da ist mehr als
vorher. sie scheint geträumt und sich erfrischt zu haben. hat sie
ihn gar in kurzen phasen eines wilden traums erkannt, hat ihn gespürt,
gelassen, ja gehabt? was träumte sie? sind sie gewatet durch den
klaren bach, sind sie geschwommen, eingetaucht ins uferlose? wie sieht
sie ihn, als sie im morgenlicht erwacht - und er sich an sie drückt?
ach ja, die erektion, die hat er immer noch. sie sieht ihn an, als habe
sie keine sekunde versäumt, von seinem schlaflosen rauschgefühl
- in lustüberstandener nacht.
hat sie die chuzpe, ihn zu umarmen? ein wenig erstaunt ist sie, daß
er immer noch wachliegt, immer noch in seiner lage sich befindet, scharf
zu sein. es liegt ein kleines bißchen schmeichelblick in ihrem nächsten
tun. sie wendet sich nun endlich ganz ihm zu. daß er sie sanft umfängt.
die offenen arme. die brüste sind im extrasatz zu preisen. ihre reifen
beeren. die dralleren hüften. der bauch. plötzlich, diese gänsepünktchenhaut,
am geilen schwanz sich reibend. ja, sie will ihn haben! als er sie allzu
zärtlich langsam streifen will, da nimmt sie ohne widerstand die
geste auf und führt sogleich ihn tief und tiefer. daß er erschrickt.
sie zögert nicht die sekunde, ihn hinzuführen, wo es noch trocken
ist. er soll nicht lange zärtlich tastend sie befummeln. sie ist
darauf erpicht, daß seine halbe hand in ihr verschwindet. das hat
er nicht geahnt. sie ist eine, die weiß, es kommt ihr nicht, wenn
sie ihn endlos läßt, wie es ihm gefällt. sie will ihn
führen können. sie will ihn in der hand haben. ja sie will seine
hand sein. er stellt sich nur zur verfügung. zärtlichkeit? ade!
sie zeigt es ihm. sie fackelt gar nicht lange. er soll sie unumwunden
öffnen. die zärtelei, wie er dies kennt und mag, das scheint
ihr zu mißfallen. sie will die lust aus jeder windung holen. flüchtige
erinnerung, in einem blick notiert, will sie gezielt abrufen. er habe
ja schon oft erkannt, doch das sei neu für ihn. zärtliches vorspiel
ist nicht in ihrem sinne. sie braucht den druck, die härte. er kann
es nicht einfach. es hindert ihn, wie sie mit hilfe seiner hand sich selbst
zur höhe treibt. ein wenig öl, um sanfter zu entflammen?
er hat sich hineingesumpft in ihre lust. hat, während sie seine hand
verbiegt, sich an den brombeerbrüsten wohlgetan. er hat vergessen,
daß er seit stunden sich nach ihrer haut verzehrt, daß es
schön wäre, wenn sie ihn läßt. doch das in den wolkenbrüsten
wohnende lustgewitter entlädt sich nicht. die in rauch getönte
scheibe, vom schönsten areal ihres so wohltuend geformten leibes,
möchte er als geschenk annehmen und auf ein samtkissen betten, daß
er sich jederzeit an ihr vergehen kann. er möchte seinen hunger nach
liebe stillen, in ihrer lust. sein appetit auf ihren leib nimmt zu. wüßte
er nicht, daß es weh tut, er könnte sie beißen. nun tut
er es zart. erst daraufhin hat sie's gepackt. und sie kommt, fließt
still und strömt sehr weit. sie hat es nicht nötig, zu schreien.
sie ist gut bei sich. sie braucht keinen arzt, der ihr sagt, wo es weh
tut. sie kann auf den therapeuten verzichten, der ihr für hundert
bare münzen die stunde zuhört. sie ist auf dem dorfe großgeworden,
hat schon als kind gewußt, daß es der knecht mit der magd
treibt. warum soll das nicht so sein? während sie liegt und es weiterläuft
wie an einem spinnerschnürchen, hat er sie lieb, die saubere küchenfrau.
kaum daß er auf dem rücken liegt und frisch atmet, rutscht
sie über ihn hinweg und bläst ihn schon. bedankt sie sich immer
auf diese art? nun ist er wirklich überrascht. er ist jedoch ein
wenig befangen, da sie ihn ebenso hart und tief nimmt, als wäre er
noch in ihr; mit seiner verbogenen hand. es lüstert ihn, wie den
leuchter, kristallene prismen, etwas glitzerkram, wie sie seinen sternenpunkt
zu finden sucht. eine holprige welle löst ihn jäh vom laken.
er ist verblüfft. kaum, daß er völlig losgelöst endlich
einmal ganz passiv fallen möchte und kann, ahnt er, weiß sein
körper, spürt er, daß sie zielbewußt die erregung
- buchstäblich - erledigt. von zärtlichkeit - und intimerer
kenntnis einer lustkurve - kaum noch ein hauch. nurmehr aus matter selbstbeschleunigung
heraus windet er sich unter ihrer lieblosen einflußnahme. zu lange
schon hat seine lust sich im punkt versammelt, wo die liebe nicht hinlangt.
ach, möge sie ihm doch den dolch in die seele stoßen! im moment,
da ihr mund eine sanftere tonart findet, kommt der erlösenden befreiung
ein stechender schmerz in der hüfte zuvor.
auch
dieser text ist autobiografisch. wobei nun die freiheit der sprache dieses
erlebnis untertreibt und nichts mehr idealisiert. eine einzige nacht,
deren anfang kopflos begann und entzaubert endete.
ÄSTHETIK
DES SCHEITERNS - ( aus buch 3: im fadenkreuz der sexualität - das buch
hat 90 seiten ) © die-wege
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MIT ZWISCHEN ALLEN STÜHLEN IST RUH
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